Express, 27.11.1998

Duisburg ist um seinen guten Ruf besorgt, will den Helden nicht mehr. Heute Abstimmung.

Rebellion gegen Schimanski

Von ACHIM METZ

exp Köln/Duisburg - Wenn heute die Drucksache "DS 5954" im Kulturausschuß der Stadt Duisburg zur Abstimmung kommt, wird die Spannung steigen - fast wie in einem Krimi.

Tatort Rattennest: Schimanski alias Götz George ermittelt im Drogenmilieu. Duisburgs Politiker finden finden die Darstellung der Stahlstadt überzeichnet, wollen Schimanski nicht mehr haben.
Foto: WDR

Dann will nämlich Bürgermeister Heinz Pletziger (CDU) dem bekanntesten Polizisten der Republik die Pistole auf die Brust setzen: Kommissar Horst Schimanski alias Götz George soll nach fast 20 Dienstjahren aus der Pütt-Metropole verschwinden. Und zwar für immer.

Grund: Die Politiker sind um den guten Ruf Duisburgs besorgt, beobachten "die fatalen Auswirkungen der Schimanski-Filme". Mit dem Antrag wollen sie erreichen, daß die Unterstützung bei Dreharbeiten für Schimanski-Folgen eingestellt wird.

Der jüngste Film "Rattennest" (den sahen 7,96 Millionen Zuschauer) sei der "vorläufige Höhepunkt in der Kette der Zerrbilder über Duisburg", so Pletziger zum EXPRESS. Und weiter: "Hier werden Geschäfte und Quoten auf Kosten der Stadt und ihrer Einwohner gemacht."

Der Streifen zeigt die Stahlstadt von einer dunklen Seite: Straßenkids, Kinderprostitution, Drogen, Mafia und jede Menge Dreck im Schatten der Hochöfen. "Es wird ein Klischee geschaffen, dem Duisburg nicht entspricht", wettert Pletziger.

"Bei uns liegen keine Kinder unter der Brücke, und nicht jedes junge Mädchen geht auf den Strich. Duisburg ist mehr als Schmutz und Schimanski."

Die Duisburger hätten die Nase voll von Schmuddel-Schimi, so der CDU-Mann. "Wir sind doch nicht der Arsch der Nation". Oberbürgermeisterin Bärbel Zieling (SPD) ist aus besagten Gründen ebenfalls kein Schimi-Fan.

Was Pletziger auf die Palme bringt: Die Reihe wird oft im heruntergekommenen Stadtteil Beeck gedreht. "Und zwar immer dann, wenn´s regnet. Schön Grau in Grau." Die Kölner Colonia Media, die die Tatort-Folgen für den WDR herstellt, wehrt sich gegen solche Vorwürfe.

"Krimis sind nun mal Krimis. Und die spielen meistens im Milieu", sagt Produzentin Sonja Goslicki. Und weiter: "Was wir zeigen, ist keine Realität, sondern Fiktion, Film. Wir wollen die Stadt Duisburg nicht diskreditieren. Und beim Dreh warten wir auch nicht auf den Regen." Daher werde Duisburg weiterhin Hauptdrehort für den Schimi-Krimi bleiben.

Regisseur Hajo Gies, der 1981 mit George den ersten Tatort "Duisburg-Ruhrort" in Szene setzte, schwärmt sogar von der Stadt. "Ich liebe Duisburg", sagt er. "Jedesmal, wenn Götz George und ich für eine Produktion dorthin fahren, ist es, als ob wir nach Hause kommen."

Warum ausgerechnet Duisburg? Gies: "Die Stadt gibt optisch viel her, hat mit dem Hafen einen Ansatz für internationale Geschichten. Schimanski verdankt Duisburg seinen ganzen Erfolg. Und natürlich umgekehrt." Auch eine negative Figur habe schließlich einen Werbeeffekt.

Von diesen Argumenten will Schimi-Feind Pletziger nichts wissen. "Ich werde bemitleidet, wenn ich im Urlaub erzähle, ich komme aus Duisburg. In vielen Köpfen hat sich wegen Schimanski ein negatives Bild festgesetzt." Deshalb wolle auch niemand nach Duisburg ziehen.

Ob die oppositionelle CDU mit ihrem Begehren Erfolg hat, ist eher ungewiß. Die SPD (hat im Rat die absolute Mehrheit) will gegen den Antrag stimmen, obwohl Fraktionsgeschäftsführer Linsen klarstellt: "Man muß durchaus Kritik an der Darstellung unserer Stadt üben."

Für die neuen Folgen ist in Duisburg die letzte Klappe schon gefallen. Er war mal wieder Schimi-Wetter: Es regnete drei Tage ununterbrochen.


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